9. August 2007: Unwetter in Kroatien durch organisierte Multizellen/MCS
Vom Freitag, dem 3. August, bis zum 10 August verbrachte ich unter Anderem mit meinem Bruder meinen Urlaub in Kroatien, genauer auf der Insel Cres in der Adria. Wir fuhren dort auf einen Zeltplatz bei Mali Losinj, um in der wunderschönen und idyllischen Insel-Landschaft einige ruhige Tage zu verbringen. So war es auch bis zum Donnerstag, dem 9. August, sehr warm und ausnahmslos sonnig, die Temperaturen kletterten auf 27-31 °C.
Folgend einige Impressionen von den ersten, noch ruhigen Tagen des Urlaubs:
Berge der ehemaligen Vulkaninsel Otok Cres
Hafen in Mali Losinj
Ein wahres Taucherparadis bei kristallklarem Wasser...
Am Donnerstag sollte sich die Lage jedoch drastisch ändern. Bereits am Vorabend gab es Richtung Italien auslaufende Systeme zu beobachten, die gelegentlich noch einige Wolkenblitze verursachten, sich jedoch mit der Nacht zum Donnerstag rasch auflösten.
Am Morgen gegen halb 7 wurde ich durch leises Dauergrummeln geweckt. Draußen war jedoch über mir kaum eine Wolke zu erkennen, wobei ich auf dem Zeltplatz auch keine gute Sicht in alle umliegenden Himmelsrichtungen hatte. Daher ging ich zum Strand, um mir einen genaueren Überblick zu verschaffen. Die Kulisse, die mich dort erwartete, war äußerst beeindruckend. Ein Multizellensystem stand direkt vor der Inselgruppe, angestrahlt von der aufgehenden Sonne.
Panorama am Morgen, eine kräftige Doppelzelle ist entstanden
Nördliche der beiden Zellen...
ständige Neubildungen an der Südflanke des Systems
Obwohl auf dem ersten Blick die beiden starken Zellen Richtung NO hinauswanderten und mich damit verfehlen sollten, bildeten sich an der Südflanke ständig neue Zellen, sodass das System sich insgesamt auch nach Osten ausbreitete. In den folgenden Stunden konnte man immer wieder Zellneubildungen beobachten, welche Richtung NO weiterzogen. Die Zellen waren dabei alle sehr blitzintensiv, was durch das beständige Dauergrummeln unterstrichen wurde. Oft konnte man auch einen wunderschönen Overshooting Top beobachten, also auch Hagel war hier ein Thema.
Overshooting Top
Gegen 10 Uhr bildeten sich auch Zellen direkt über der Insel Susak westlich von Mali Losinj, welche in meine Richtung zogen. Diesmal konnte man vermehrt auch visuell Erdblitze wahrnehmen. Nicht schlecht staunte ich, als sich über dem Meer unter den neuen Zellen immer wieder Funnels ausbildeten. Doch es wurde noch besser. Ich traute meinen Augen nicht, als einer plötzlich Bodenkontakt aufwies bzw. Wasser aufgewirbelt wurde. Mit der Zeit kondensierte dieser Tornado vollständig aus und verstärkte sich nochmals, wodurch das Wasser dutzende Meter hinaufgesaugt wurde. Die Rotation war teilweise erheblich! Doch es war nicht der einzige Tornado, immer wieder gab es Funnels, gelegentlich mit kurzem Bodenkontakt, wobei diese Tromben jedoch nicht so schön und kräftig ausgeprägt waren wie die eine zuvor. Zu diesem Zeitpunkt war ich so "baff" von der Beobachtung, dass ich das näherkommende Gewitter fast vergessen hätte. Doch die extrem lauten Donnerschläge der inzwischen gewaltigen Zelle über dem Meer ließen mich dann doch wieder zum Zeltplatz umkehren, nachdem ich eine Weile lang den Tornado und das Gewitter filmen konnte. Der Tornado hatte sich dann eh nach etwa 5 Minuten wieder aufgelöst.
Richtung Susak (Insel links) bilden sich neue Zellen
Niederschlag aus einer Neubildung südlich der älteren Zelle, die vorgelagerte Insel Susak verschwindet im Niederschlag (hinter dem Schiff)
Kräftige Entladung aus der neuen Zelle
Gesamtansicht der neuen Zelle, welche auf Mali Losinj zuzieht
Naher Einschlag, leider nicht voll erwischt...
Folgend die Bilder zum entstehenden Tornado:
Entstehungsphase
Auskondensierter Tornado/Wasserhose mit Erdblitz
Weitere Entwicklung der Wasserhose in chronologischer Reihenfolge:
links neben dem bereits auskondensierten Tornado hat ein weiterer schwacher Tornado kurzzeitig Bodenkontakt
kräftiger Tornado/ Wasserhose
beginnende Abschwächung
Im Anschluss löste sich der Tornado rasch auf...
Auf dem Zeltplatz beschloss ich mit meinen Bruder, mit dem Auto rauszufahren, um das System genauer zu beobachten, welches nun fast über uns lag. In Mali Losinj setze daraufhin schwerer Sturm ein, es gab nun dutzende Naheinschläge. Es dauerte nicht lange, bis der Niederschlagsbereich uns erreichte, in welchem teilweise markante Hagelstreifen sichtbar waren. Schlagartig ging es dann auch schon los, ein Wolkenbruch, gepeitscht von geschätzten Böen bis ca. 110 km/h fegte über uns hinweg (Downburst). Wir suchten hinter einem Gebäude etwas Deckung und beobachteten das Unwetter, mittlerweile war es so 10:30 Uhr. Erste, noch einzelne laute Knallgeräusche leiteten zusätzlichen Hagelschlag ein. Glücklicherweise waren die Körner hier nur bis zu 1 cm groß.
Einsetzendes Gewitter, Fallstreifen über dem Meer - Blickrichtung in Zugrichtung
Blitzschlag ins Meer
Wolkenbruch, schwerer bis orkanartiger Sturm und Hagel bis 1 cm
Nach etwa 10 Minuten nahm das Unwetter rasch ab. Wir fuhren anschließend die Hauptstraße von Mali Losinj entlang. Diese stand teilweise komplett unter Wasser, bis zu 20 cm hoch! Ein Auto blieb im Wasser stecken. Von den Grundstücken schoss überall Wasser hinab. Sturmschäden gab es kaum, da diese Region sehr sturmerprobt ist und die Pinienwälder dort den heftigen Stürmen (Bora) sehr gut standhalten.
Da war einmal eine Straße...
Glück hatten wir noch mit dem Hagel, es soll wohl mancherorts bis zu 4 cm großer Hagel runter gekommen sein, verbunden mit größeren Schäden durch Sturm und Überschwemmung, was vor allem dann auf dem kroatischen Festland der Fall war. Dort hielt sich diese Unwetterfront noch bis zum Abend, wobei das System mehr und mehr zu einem starken MCS wurde. In und um Mali Losinj wurden in der kurzen Zeit Niederschlagsmengen von 30-40 Liter pro Quadratmeter gemessen, teilweise lagen die Mengen sogar noch weit darüber!
Stimmung nach dem Unwetter, teils gab es noch weitere Gewitter, welche allerdings schwächer ausfielen
Die Temperatur in Mali Losinj war mit dem Gewitter von 27,5 °C auf 19 °C gefallen. Bis zum Abend blieb es bei angenehmen Temperaturen, einzelnen Gewitterschauern und einer wunderschönen Fernsicht. So ergab sich noch ein wunderschöner Sonnenuntergang...
Sonnenuntergang
Damit endete ein erholsamer und äußerst spannender Urlaub in Kroatien, bevor es dann am Freitag (10.8.07) bei kühlerem Schauerwetter wieder Richtung Heimat ging...
© Michel Oelschlägel
Datum: 21. November 2024