18.06.2024 - Superzelle mit extremen Downbursts und teils Großhagel in Nordsachsen/Südbrandenburg
Am 18.06. bildete sich am Nachmittag kurz nach 17:15 Uhr bei Leipzig eine Superzelle ausgehend von einem größeren Gewittersystem, welches zuvor von Thüringen kommend nach Nordosten zog. Diese Zelle intensivierte sich schlagartig in einer ausgezeichnet gescherten Umgebung und brach - superzellentypisch - nach Osten aus der Höhenströmung aus. Bereits in Teilen von Leipzig gab es durch die Zellen erste Sturmschäden und Hagel bis 3 cm im Durchmesser. Zwischen Oschatz und Leipzig bildete sich ein weiterer Zyklus aus und die Zelle veränderte nochmal ihre Grundstruktur. Es gab nun ein gewaltiges Drehzentrum, welches sich aus der alten und neuen Mesozyklone zu bilden schien. Insbesondere der Niederschlagsbereich im Bereich des RFD war außergewöhnlich intensiv ausgeprägt und interessanterweise traten vor allem hier mit die größten Hagelkörner auf. Bei Oschatz erreichte der Hagel dort bereits 3-4 cm im Durchmesser, in Teilen von Riesa ebenfalls. Etwas westlich, wie in Canitz, und nördlich davon, wie in Zeithain, traten auch 4-5 cm große Hagelkörner auf und richteten erhebliche Hagelschäden an. Auch aus Strehla wurden Hagelkörner um 4 cm gemeldet. Weiter nördlich blieb der Hagel mit meist bis 3 cm oft kleiner. Allerdings war hier der Wind ein großes Problem.
Besonders schlimm wütete das Unwetter anschließend zwischen Mühlberg und Ortrand im Grenzbereich von Nordsachsen und Südbrandenburg - etwa gegen 18:15 und 19:15 Uhr. Während am Südende der Zelle weiter Hagelkörner von 3-4, teils 4-5 cm Durchmesser auftraten, verursachte die Zelle in einem breiten Streifen von Mühlberg und Stolzenhain über Gröditz bis Süd-Elsterwerda und weiter nach Hirschfeld bis Frauwalde heftige Downbursts/Fallböen. Der Wind erreichte hier Spitzen von oft 100-140 km/h, teils - gerade im Bereich Stolzenhain, Prösen und Gröditz - auch bis 200 km/h. Im Bereich der heftigsten Böen war der Hagel mit maximal 2-3 cm oft kleiner, aber durch die teils extremen Windgeschwindigkeiten traten auch hier teils markante Hagelschäden, u.a. an Fahrzeugen und Pflanzen/Bäumen, auf.
Ich konnte der Zelle von Ortrand gegen 18:35 Uhr entgegen fahren. Es war eine immense Dynamik zu beobachten. Der RFD-Teil der Zelle wurde förmlich von Süd nach Nord um das Drehzentrum der Zelle herumgeholt, während dahinter der FFD deutlich von NW nach SO ausgerichtet war. Es war deutliche Rotation in der Zelle erkennbar. In Hirschfeld (OA) konnte ich noch schnell abseits von Bäumen einen geeigneten Platz finden, bevor das Unwetter dann gegen 18:50 Uhr hereinbrach. Zunächst setzte Sturm und Starkregen aus Süd ein, bald fielen Hagelkörner bis 3 cm im Durchmesser zu Boden, bevor der Hagel wieder kleiner wurde (max. 2 cm). Kurz darauf setzte ein heftiger Downburst aus S/SW ein, der Spitzen von geschätzt (anhand der Schäden) bis 140 km/h erreichte. Danach gab es im Drehzentrum der Zelle eine ruhigere Phase, kurzzeitig sogar mit wenig Wind und kaum Niederschlag, bevor Hagel und Starkregen aus W/NW erneut einsetzten. Es gab wieder heftige Böen mit 100-110 km/h, zeitweise auch wieder Böen bis 130 km/h. Das Ganze hatte Ähnlichkeiten mit einem tropischen Sturm und einem ruhigen Auge, um welches herum der Orkan tobt. Das ging nun - weiterhin aus W/NW - einige Minuten so weiter, wobei sich zwischenzeitlich nochmal Hagelkörner bis 3 cm dazumischten. In dieser Phase hatte ich einige Sorgen um meine Heckscheibe, da die Körner wie Geschosse durch die Gegend flogen und bei Böen von >100 km/h fielen. Diese Phase verursachte auch zahlreiche neue Hageldellen im Auto, und das trotz der eher geringen Größe der Körner. Nur zögerlich ließ das Unwetter dann nach. Um meinen Standort herum waren zahlreiche Äste und Bäume gebrochen, kaum eine Straßen war noch befahrbar. Die Straße zwischen Plessa und Hirschfeld war durch zahlreiche umgestürzte Bäume blockiert, die teilweise auch durch die herausgehobenen riesigen Wurzeln die Straße stark beschädigten. Autofahrer waren hier teils zwischen den Bäumen eingeschlossen. Richtung Gröden konnte man auch zahlreiche gebrochene Bäume im Wald erkennen. Richtung Großthiemig waren die Schäden geringer, nahmen dann Richtung Frauwalde aber wieder deutlich zu. Richtung Strauch gab es weitaus weniger Windschäden, allerdings soll da größerer Hagel gefallen sein.
Ich versuchte mir nun noch einen Überblick über die Schäden in der Umgebung zu verschaffen. Das war durch zahlreiche blockierte Straßen aber ein schwieriges Unterfangen. Von Elsterwerda (wo im Ort kaum Schäden zu verzeichnen waren, aber dann im Südteil der Stadt schlagartig schwere Baumschäden auftraten) fuhr ich nach Stolzenhain und von da nach Prösen. In den beiden Orten gab es erhebliche Sturmschäden, zahllose Bäume waren hier gebrochen/entwurzelt, teils Dächer abgedeckt. Zwischen Prösen und Gröditz wurden ganze Wälder zerstört. In Gröditz selber ein ähnliches Bild. Unzählige Baumbrüche und viele beschädigte oder abgedeckte Dächer. Auch der Bahnverkehr kam hier völlig zum erliegen. Westlich von Gröditz kippte der Orkan zudem zahlreiche Starkstromleitungen um. In dem Großschadensgebiet herrschte Ausnahmezustand und die Lage war zunächst sehr unübersichtlich. Ich fuhr anschließend über Zeithain nach Großenhain zurück. Richtung Zeithain nahmen die Sturmschäden rasch ab...
Die Superzelle mit ihrem gewaltigen Drehzentrum wanderte mit zunehmender Umwandlung in ein Bogenecho noch bis nach Polen hinein, teils noch begleitet von größerem Hagel und orkanartigen Böen, lokal Orkanböen. Das Schadenausmaß war aber nach Osten hin geringer als im o.g. Umfeld.
Die Schäden im Durchzugsgebiet der Zelle waren teils verheerend. Ganz Wälder wurden zerstört, Dächer abgedeckt, 19 Starkstrommasten von 2 Stromtrassen geknickt oder beschädigt. Die Schäden gehen weit in die Millionen und forderten hunderte Feuerwehreinsätze, besonders im Großraum Gröditz und im südlichen Elbe-Elster-Kreis. Allein in Gröditz mussten von der Feuerwehr mehr als 100 Einsätze abgearbeitet werden. Wie durch ein Wunder gab es in und um Gröditz aber keine Verletzten oder sogar Opfer zu beklagen. Dramatisch war die Situation dagegen für 2 Autofahrer im Bereich Großthiemig, die von umgestürzten Bäumen getroffen wurden. Beide wurden zunächst schwer verletzt, leider verstarb eine Person später im Krankenhaus.
Die Zelle verursachte ähnlich schlimme Schäden in den Gebiet wie eine Superzelle, die am 22.06.2017 über die Region zog. Damals war aber eher Elsterwerda betroffen und Gröditz nur am Rande. Dennoch ähnelt das Schadenbild vielfach dieser verheerenden Superzelle aus dem Jahr 2017.
Nachfolgend Aufnahmen aus dem Raum Hirschfeld und Gröditz...
Video zur Superzelle bei Hirschfeld und Gröditz (externer Link: https://www.youtube.com/watch?v=ujc0lxiNuXo)
© Michel Oelschlägel |
||
|