Heftige Unwetter in Deutschland Ende Juli 2013 mit schwerem Gewitter im Erzgebirge am 29.07.2013
Ende Juli 2013 wurde durch Tief Andreas westlich der Britischen Inseln sehr heiße Luft nach Mitteleuropa transportiert. Dabei traten vom 26.-28.07. verbreitet Temperaturen von >30°C, teils auch >38°C in Frankreich und Deutschland auf. In der Hitze bildeten sich mit dem nachrückenden Tief und durch lokale Konvergenzen teils schwere Unwetter. In Frankreich traten dabei Superzellen und in der Nacht zum 27.07. ein Derecho auf. Das System griff unter Abschwächung auch auf West-Deutschland über. An dessen Südende bildete sich gegen 14 Uhr bei Hamm in NRW eine Superzelle, die nachfolgend südlich an Hannover vorbei über Wolfsburg bis fast nach Berlin zog. Die Superzelle produzierte langanhaltenden Großhagel mit 6-10 cm, teils extremen Hagel bis 12 cm im Durchmesser und richtete Schäden in dreistelliger Millionenhöhe an (hier ein beeindruckendes Video vom Hagel aus Sehnde in Niedersachsen: https://www.youtube.com/watch?v=u85amoeOFOM). Einzelne Gewitter gab es am 27.07. gegen Abend auch noch südwestlich von Leipzig, welche noch bis nach Brandenburg weiterzogen.
Von Südwesten her näherten sich aber aus Frankreich heraus bereits neue Gewitter, welche langsam auf Deutschland übergriffen. Später formierte sich ein konvektives und mit Gewittern durchsetztes Regengebiet, dass deutlich abgeschwächt am Morgen des 28.07. von Berlin bis Stuttgart reichte. Bis zum Mittag wanderte dieses noch etwas ostwärts und löste sich dabei zögerlich auf. Gegen 16 Uhr entwickelten sich in Baden-Württemberg erneut Gewitter, welche sich nachfolgend deutlich verstärkten. Insbesondere eine Zelle nördlich von Villingen-Schwennigen entwickelte sich zu einer sehr starken Superzelle, welche später über Reutlingen und Schwäbisch-Gmünd nordostwärts zog. Diese Zelle produzierte einen heftigen Hagelsturm mit 5-8 cm, teils um 10 cm großen Hagel (hier ein Video von Marco Kaschuba vom schweren Unwetter in und um Reutlingen: https://www.youtube.com/watch?v=FvQAbU0xGOk). Erneut gab es extreme Hagelschäden im dreistelligen Millionenbereich. Es war der bis dahin teuerste Hagelsturm in der Geschichte Deutschlands! Aber auch anderenorts gab es Superzellen mit Hagel um 4 cm im Durchmesser.
Die heftige Reutlinger Superzelle zog unter Abschwächung noch südlich an Nürnberg vorbei Richtung Egergraben. Dabei gab es weiterhin Hagel bis um 4 cm im Durchmesser. Gegen 22:45 Uhr lag die Zelle südlich von Karlsbad in CZ. Inzwischen hatte sich durch ein Bodentief ein ausgeprägtes, konvektives Niederschlagsgebiet mit eingelagerten Gewittern gebildet, welches von der Ostsee bis in den Raum Nürnberg reichte. Ab 23 Uhr gab es auch in Südwestsachsen einige kräftige Gewitter. Diese verclusterten jedoch schnell und schwächten sich dadurch wieder ab. Interessant wurde es aber nochmals gegen 2 Uhr auf der Rückseite des Tiefs. Südlich des rückseitigen Niederschlagsgebietes bildete sich südlich von Klingenthal in CZ eine starke neue Zelle aus. Diese zog nach NW weiter und überschritt gegen 02:30 Uhr die Grenze zu Sachsen südlich von Schwarzenberg. An ihr bildete sich nachfolgend ein deutliches Bow-Echos aus.
Gegen 02:50 Uhr wurde ich in Bernsbach von der Zelle getroffen. Das Gewitter war recht blitzaktiv und ein heftiger Wolkenbruch ging zu Boden. Richtung Annaberg gab es auch kleinkörnigen Hagel und heftige Böen. Feuerwehren waren nachfolgend in einigen Orten in Folge von Wasserschäden unterwegs. Das heftige Gewitter zog nachfolgend noch nach Dresden weiter und erreichte die Landeshauptstadt gegen 04:15 Uhr. Unter Abschwächung verlagerte sich das System dann noch Richtung Brandenburg. Rückseitig beruhigte sich derweil das Wetter in Sachsen und die Unwetterlage war beendet.
Aufziehendes Gewitter gegen 02:30 Uhr am Erzgebirgskamm...
Die Blitzrate ist ziemlich hoch...
Ein heftiger Wolkenbruch begleitet das heftige Gewitter...
Sogar die Dachrinnen schaffen es nicht mehr...
Blitze erhellen den Himmel...
... und machen die Nacht zum Tag.
Die nächtliche Zelle produzierte interessanterweise bei Jöhstadt einen markanten Sturmschaden. Dort wurden in einem Wald zahlreiche Fichten gebrochen. Auch wenn ein Tornado nicht ausgeschlossen werden kann, so ist dennoch aus aktueller Sicht ein starker Downburst in Orkanstärke wahrscheinlicher. Die Straße war tagelang wegen Aufräumarbeiten gesperrt.
Massiver Sturmschaden in einem Waldstück bei Jöhstadt südlich von Annaberg...
Zahlreiche kräftige Fichten hat das Unwetter hier in der Nacht gebrochen...
Zahlreiche Bäume fielen auch auf eine angrenzende Straße...
Die Aufräumarbeiten and der Straße sind bereits im Gange...
Trotz scharfer Begrenzung der Schäden (Hinweis auf Tornado) ist ein Downburst aus aktueller Sicht wahrscheinlicher...
© Michel Oelschlägel