Heftige Gewitter und Superzellenverdacht am Erzgebirge am 06.06.2019
Am 6. Juni deutete sich die erste heftigere Gewitterlage im Jahr 2019 für Teile Sachsens an, nachdem in den Vortagen vor allem der Westen Deutschlands sowie die angrenzenden Länder von heftigen Gewittern heimgesucht worden waren. Zwischen Brandenburg und Thüringen lag an diesem Tag eine Luftmassengrenze, wobei in Brandenburg gegen 13 Uhr Temperaturen von bis zu 31°C erreicht wurden, während es im Westen Thüringens lediglich 14°C waren. In Sachsen lagen die 13-Uhr-Werte im Osten bei etwa 28°C, im Südwesten bei 23°C. Bei den Taupunkten konnten zu dieser Zeit Werte von 16-17°C in Mittelsachsen unter einer Lufttemperatur von 25-26°C gemessen werden, was für heftige Gewitter eine durchaus "fruchtbare" Luftmasse darstellte. Im Erzgebirgslee waren auch durchaus leicht erhöhe Scherungswerte vorhanden, sodass ein gewisses Organisationspotenzial bei Gewittern bestand.
Erste Auslöse gab es bereits gegen Mittag im Erzgebirge in der Nähe von Annaberg. Es entwickelte sich eine kleine Multizellenlinie, die gegen 13 Uhr vom Fichtelberg bis in den Raum Pockau reichte und sich nur langsam verlagerte. Dadurch gab es bereits lokal hohe Niederschlagsmengen und kleinkörnigen Hagel. Gegen 13:20 Uhr bildete sich an der Ostflanke des Gewittersystems im Erzgebirge eine neue Zelle bei Lichtenberg im Osterzgebirge. Diese Zelle versuchte ich abzufangen, was mir auch gelang. Rasch entwickelte sich ein deutlicher Niederschlagsbereich unter der Zelle. Die Aufwindbasis war recht dynamisch und wirkte gut organisiert. Sogar leichte Rotation war zu beobachten.
Aufziehendes, neues Gewitter über Lichtenberg gegen 13:30 Uhr...
Blick auf den Niederschlagsbereich...
Gleich zieht der Niederschlagskern über die Region hinweg...
Gegen 13:40 Uhr kam ich in den Abwindbereich der Zelle. Heftiger, dichter Starkregen und Sturmböen fegten zwischen Burkersdorf und Lichtenberg über die Felder. Dazu gesellte sich kleinkörniger Hagel. Dieser nahm später auf bis zu 2 cm Durchmesser zu.
Heftiger Starkregen und Sturm sowie kleiner Hagel fegen über die Landschaft zwischen Lichtenberg und Burkersdorf...
Später werden die Körner etwas größer und erreichen bis zu 2 cm Durchmesser...
Ich verlegte nun weiter über Bobritzsch nach Pretzschendorf - dem System hinterher. In Pretzschendorf fielen nun einzelne Hagelkörner von 2-3 cm Durchmesser vom Himmel. Weiter ging es Richtung Beerwalde. Zwischen dem Ortsausgang Pretzschendorf und der Talsperre Klingenberg gab es nun – gegen 14 Uhr - dichten Hagelschlag, wobei einzelne Körner bis zu 3 cm groß waren. Sogar einzelne größere Körner sind in dem Gebiet laut anderer Augenzeugen und Aufnahmen denkbar. Viel Laub wurde von den Bäumen hier heruntergehagelt, es bildeten sich Hagelansammlungen. Nahe der Talsperre Klingenberg gab es dichten Nebel (in Folge des Hagels) und Überschwemmungen.
Hagel in Pretzschendorf, einzelne Körner erreichen Größen von 2-3 cm Durchmesser...
Zwischen Pretzschendorf und der Talsperre Klingenberg fällt dichter Hagel mit 2-3 cm großen Körnern...
Nebel bildet sich aufgrund des Hagels über den Feldern und in den Wäldern...
Überschwemmungen im Bereich der Talsperre Klingenberg...
Ich verlegte nun weiter Richtung Tharandt. Dort gab es gegen 14:30 Uhr noch heftigen Starkregen und kleinkörnigen Hagel. Zwischen Freital und Tharandt gab es durch das Unwetter mehrere Schlammlawinen. Anschließend schwächte sich das Gewitter langsam ab.
Schlammlawinen und starke Ausspülungen zwischen Freital und Tharandt - später steht die Straße bis zu 50 cm hoch unter Wasser...
Das teils unwetterartige Gewitter verursachte viele Feuerwehreinsätze in der Region. Grund war in der Regel der Starkregen. Das Gewitter wies zudem einige verdächtige Merkmale auf, die einen Superzellenverdacht rechtfertigen. Größere Schäden durch Starkregen gab es übrigens auch im Erzgebirge, insbesondere im Raum Marienberg, wo eine beinah stationäre Zelle aus dem oben angesprochenen, multizellulären System ebenfalls erhebliche Überschwemmungen verursachte. Nachfolgend floss kurzzeitig etwas kühlere Luft ein, die aber schon ein paar Tage später wieder von schwüler Gewitterluft ersetzt wurde.
© Michel Oelschlägel