Zurück zum einleitenden Bericht mit Bildern und Video vom Starkschneefall (Tief Benjamin, 08.-13.01.2019) 


Aufgrund der beachtlichen Schneebruchlage habe ich mich in den Folgetagen auch in den Wäldern umgesehen, um einen Eindruck vom Ausmaß der Schäden zu erhalten und diese vergleichend einordnen zu können. Die ausgewählten Gebiete stehen stellvertretend für das entstandene Schadensausmaß in verschiedenen Höhenlagen. 

 

(Stand des nachfolgenden Berichtes: Februar 2019)


Bereich Freiberg - Hospitalwald


Begonnen habe ich im Bereich Freiberg im Hospitalwald zwischen Kleinschirma, Kleinwaltersdorf und Freiberg auf einer Höhenlage von etwa 380-420 m. Der Wald selber liegt auf einem Hügel und ist somit insgesamt eher windexponiert. Daher hat der Wind viel Schnee auch von den hohen Bäumen heruntergeholt und zumindest bei den höchsten Bäumen vielerorts die Schneebruchgefahr verringert. Dennoch gibt es auch windgeschütztere Bereiche im Wald, und hier zeigt sich das Ausmaß des Schneebruchs. Zahlreiche Äste und Fichtenspitzen sind hier abgebrochen, teils ganze Bäume umgebrochen. Auf den Wegen liegen teilweise mehrere Bäume hintereinander. Bei den Fichten sind besonders jüngere und mittelalte Bestände betroffen, da diese durch ihre geringere Höhe nicht so leicht durch den Wind vom Schnee befreit werden konnten. Doch auch einige sehr große Bäume haben ihre Kronen verloren. Bei Kiefern findet man vorwiegend Astabbrüche, vereinzelt auch mal ganze Kronenbrüche. Beim Laubbestand weisen vor allem Birken starke Druck- und auch Bruchschäden auf. Darüber hinaus sind auch andere Baumarten betroffen, wie Weiden oder Erlen. Bei Eichen und Linden sind es dagegen fast nur Astabbrüche, wobei diese Abbrüche aber teils recht stattlich sind.

 

Im Hospitalwald sind einige Wege durch Schneebruch blockiert...

 

Gerade auch bei Fichtenbeständen sieht man viele abgebrochene Spitzen...

 

Ebenfalls blockierter Weg...

 

Auch von großen Bäumen sind einige Spitzen abgebrochen - wenngleich es hier eher Einzelfälle sind...

 

Hier ist eine Spitze in den Boden "hineingespickt"...


Bereich Freiberg - Stadtbereich


Auch im innerstädtischen Umfeld (350-430 m) gibt es viele Astabbrüche und abgebrochene Nadelbäume, sei es bei kleinen Baumgruppen oder in Gärten und Parks. Auch hier sind insbesondere windgeschütztere Bereiche betroffen.  Auch in Teilen des Münzbachtals finden sich lokal erhebliche Schadensstellen.

 

Im Stadtbereich nahe der Universität - erheblicher Schaden an einem Fichtenbestand...

 

Weitere Aufnahme von dieser Stelle...

 

Umgeworfene Bäume auf einer Gartenhütte...

 

Auch in Laubbeständen gibt es teils erhebliche Schäden...

 

Bereich Friedeburg...

 

Im Münzbachtal...

 

Fürstenwald bei Freiberg

 

Besonders stark vom Schneebruch betroffen ist der Fürstenwald nahe der Freiberger Brauerei Richtung Kleinwaltersdorf und Großschirma. Der Wald erstreckt sich auf einer Höhenlage von etwa 340-400 m. Die oberen Bereiche des Waldes sind etwas windexponierter, während die tieferen Lagen im geschützteren Tal des Kleinwaltersdorfer Baches liegen. Insgesamt hat der Schnee hier insbesondere junge und mittelalte Fichtenbestände in erheblichem Maße geschädigt. Tausende Bäume sind betroffen. Aber auch große Fichten, Kiefern aller Alterstufen und ebenso verschiedene Laubbaumarten in verschiedenen Altersstufen sind hier geschädigt worden oder gar komplett gebrochen. Gerade im Umfeld des Kleinwaltersdorfer Baches hat es mehrere große Laubbäume an den Hanglagen entwurzelt.

 

Massive Schneebruchschäden im Fürstenwald bei Freiberg...

 

Besonders betroffen sind hier wieder Fichtenbestände mittleren und jüngeren Alters...

 

Der Waldboden ist von abgebrochenen Baumspitzen bedeckt...

 

 

Ganze Bestände sind geschädigt...

 

 

Auch andere Baumarten sind vom Schnee geschädigt worden, darunter auch verschiedene Laubbaumarten...

 

Auch ganze Bäume sind hier im Bereich des Kleinwaltersdorfer Baches unter der Schneelast entwurzelt worden...

 

Muldental bei Halsbrücke nahe Freiberg


Weiter ging es in den folgenden Tagen auch in die umliegenden Täler. Zunächst habe ich mich im Tal der Freiberger Mulde bei Halsbrücke umgesehen (liegt etwa 300-350 m tief). Hier sind es insbesondere Kiefernbestände, die betroffen sind. Teilweise ist hier jeder 2. Baum gebrochen! Weiterhin sind Fichten und auch verschiedene Laubbäume betroffen.

 

Im Tal der Freiberger Mulde nahe Halsbrücke - hier hat es einige Bestände, vor allem Kiefern, erheblich geschädigt...

 

Teils ist die Hälfte der Bäume unter der Nassschneelast gebrochen...

 

Der Boden ist von abgebrochenen Baumkronen bedeckt...

 

Auch in anderen Beständen, wie von Fichten und Lärchen, gibt es Schneebruchschäden...

 

Muldental bei Halsbach nahe Freiberg

 

Auch im Bereich von Tuttendorf bis Halsbach im Tal der Freiberger Mulde (320-400 Höhenmeter) finden sich an geschützten Stellen massive Schneebruchschäden in diversen Beständen. Auch entlang der B173 zwischen Halsbach und Freiberg gibt es massive Schneebruchschäden.

 

Deutliche Schneebruchschäden im Uferbereich an der Freiberger Mulde zwischen Tuttendorf und Halsbrücke...

 

Bräunsdorf nahe Freiberg


Auch hier findet man an windgeschützten Stellen teils erheblichen Schneebruch, insbesondere an jungen und mittelalten Beständen. Die Höhenlage liegt bei etwa 320-380 m.

 

Im Bereich Bräunsdorf nahe der Striegis...

 

Auch hier sind verschiedene Baumarten betroffen...

 

Tharandter Wald bei Freiberg


Weiterhin sind auch im Tharandter Wald in windgeschützten Lagen erhebliche Schneebruchschäden im jüngeren und mittelalten Bestand vorhanden. Doch auch einige große Bäume hat es hier komplett entwurzelt, seltener sind Kronenbrüche im alten Bestand zu finden. Die nachfolgenden Aufnahmen stammen aus dem Ursprungsgebiet der Triebisch und wurden auf einer Höhenlage von 350-400 m aufgenommen.

 

Im Tharandter Wald gibt es vor allem in jungen und mittelalten Fichtenbeständen schwere Schäden...

 

Teils liegen unzählige Bäume und Baumspitzen hier am Boden...

 

Zellwald bei Nossen und Siebenlehn

 

Auch in den tieferen Lagen im Zellwald (um 300-350 m) gibt es lokal erheblichen Schneebruch...

 

Mittelalter Fichtenbestand im Zellwald mit deutlichen Bruchschäden...

 

Teils sind auch andere Baumarten wieder betroffen, wie in dem Fall Birken. Gerade in den unteren Lagen sind oft auch größere Laubbäume umgefallen, gerade an steileren Hanglagen...

 

Tallagen bei Eppendorf - Lößnitztal


Im Lößnitztal sind vor allem Fichten stark betroffen, wobei insbesondere wieder jüngere und mittelalte Bestände geschädigt wurden. Teils haben aber auch große Fichten hier einzelne Kronenbrüche zu verzeichnen. Die unten aufgeführten Aufnahmen stammen aus einer Höhenlage von 400-450 m.

 

Kronenbrüche bei alten Fichtenbeständen...

 

Bei mittelalten und jüngeren Beständen sieht es auch hier besonders schlimm aus...

 

Überall finden sich abgebrochene Kronen und Bäume...

 

Schlimm sieht es hier vielerorts aus...


Hochlagen des Erzgebirges – Beispiel Grumbach und Reitzenhain


Vor allem in den höheren Lagen des Erzgebirges, ab 600 m, insbesondere aber ab 700 m, nimmt der Schneebruch wieder deutlich zu! Hier findet sich erneut erheblicher Schneebruch in windgeschützten Bereichen. Doch sind hier auch in verbreiteterem Maße ältere Bestände betroffen, insbesondere im Raum Grumbach, Jöhstadt oder auch bei Reitzenhain. Auffallend ist, dass der Schneebruch an großen Fichten hier nicht nur auf windgeschütztere Stellen begrenzt ist und insgesamt flächiger auftritt.

 

Bei Reitzenhain im oberen Erzgebirge liegen gut 80 cm Schnee, wobei einige Verwehungen auch bis 2 m hoch sind. Der Großteil davon kam durch Schneetief Benjamin zusammen...

 

In den Wäldern um Reitzenhain findet sich erneut erheblicher Schneebruch...

 

Weiter westlich bei Grumbach und Jöhstadt sieht es nicht besser aus...


Kammlagen – Beispiel aus dem Bereich des Fichtelberges


Ab 900/1000 m fielen am 20. Januar noch starke Reifablagerungen auf. Hier blieb die Schneebruchgefahr am längsten bestehen und die Straße vom Fichtelberg nach Tellerhäuser war letztlich insgesamt 13 Tage lang gesperrt.

 

Fahrt auf den Fichtelberg - hier haben viele Fichten durch Schnee und starken Reifansatz ihre Spitzen verloren...

 

Hier sieht man auch deutlich, wie schwer die Bäume beladen sind...

 

Beim Blick auf die gefräste Schneewand sieht man deutlich die hellere Neuschneemenge der letzten Tage - inbesondere zusammengekommen durch Tief Benjamin. Auf dem Fichtelberg liegen im Schnitt 160 cm Schnee mit über 80 cm Neuschnee seit dem 8. Januar...

 

Im Bereich des Grenzüberganges gibt es Verwehungen von 3-4 m...

 

Das sind schon beachtliche Schneemengen, die es hier aber in "guten" Wintern öfters gibt...


Zusammenfassung und genauere Betrachtung der Ursachen


Im Hinblick auf das Ausmaß des Schneebruchs fallen Schwerpunkte im Bereich von Höhenlagen um 280-450 m auf, wobei hier besonders Tallagen teilweise in erheblichem Maße betroffen sind. U.a. ist hier das Lößnitztal bei Eppendorf zu nennen oder aber das Muldental bei Halsbrücke nahe Freiberg. Auf dem Weg ins Erzgebirge fällt eine zeitweilige Abnahme des Schneebruchausmaßes in mittelhohen Lagen um 500 m auf, bevor ab 600/ 700 m der Schneebruch wieder deutlich zunimmt. Doch wie lassen sich die vorgefundenen Schäden und Muster nun erklären?


Begonnen hat die Lage am 8. Januar zuerst in den Hochlagen, wobei hier bereits im späteren Tagesverlauf ab 14 Uhr ziemlich nasser Schnee fallen konnte. Zuvor lag bis in die Kammlagen durch zeitweiliges Tauwetter und Wind kein Schnee auf den Bäumen. Am Abend fiel die Schneefallgrenze mit dem Einfließen kühlerer Luft schnell in tiefere Lagen ab. Nun begrenzte sich der Nassschneefall eher auf die tieferen Lagen um <300-450 m. In den mittleren Lagen des Erzgebirges mit Höhenlagen um 500-550 m fiel daher am wenigsten Schnee mit einer sehr nassen Konsistenz. Folglich war der Schnee hier insgesamt auch etwas leichter und er klebte nicht so sehr an den Bäumen. Das ist wohl auch der Grund, warum – zusammen mit den weiteren Neuschneemengen bis zum 10.01. – die kritischsten Schneelasten eher in den Hochlagen und insbesondere in den tieferen Lagen erreicht wurden. Gerade in den tieferen Lagen ab 450 m abwärts blieb auch am 9. Januar der Schnee noch lange recht nass, während es zeitweise bis auf unter 200 m sehr nassen Schneefall gab. In den Hochlagen fiel dagegen der insgesamt meiste Neuschnee. Und dieser lagerte sich auf eine Nassschneeunterlage auf, was ebenfalls kritisch war.


Wesentlich für die Schneebruchverteilung verantwortlich war zudem noch der Wind. Exponierte Bestände sind in den tieferen Lagen in der Regel weniger stark geschädigt worden als geschütztere Bereiche und Bestände in Tälern. Lokal kann ein geringer Windeinfluss den Schneebruch durch eine langsame Wipfelbewegung aber auch verstärkt haben, solange er nicht stark genug war, um den Schnee von den Kronen zu holen. Ebenso kann durch Windbeteiligung eine ungleiche Schneeverteilung auf den Bäumen begünstigt werden, was wiederum schneebruchrelevant sein kann. Wie lassen sich aber die flächiger und auch allgemein exponierter aufgetretenen Schäden in den höheren Erzgebirgslagen noch erklären, zumal hier der Wind allgemein auch stärker war als in den tieferen Lagen? Hierfür sind nicht nur die erheblichen Schneemengen verantwortlich zu machen, sondern weitere begünstigende Effekte stellten sich ein. Grundlage war natürlich die erhebliche Schneemenge auf den Bäumen, wobei der zuvor gefallene Nassschnee durch das rasche Absinken der Temperaturen am Abend des 8. Januars an den Bäumen festfrieren konnte und so auch dem nachfolgenden Wind etwas besser standhalten konnte. Zugleich häufte sich mit nachlassendem Wind gerade im späteren Verlauf des Ereignisses noch weiterer Schnee auf den Bäumen an, weshalb die Last bereits jetzt grenzwertig wurde und es bereits Schneebruch gab. Teils gab es auch Reifbildung durch aufliegende Wolken, wodurch lokal der Schneebruch bereits deutlich verstärkt wurde. Problematisch wurde aber das Übergreifen der Tiefdruckausläufer von Tief Donald, Eugen und später Florenz in rascher Folge ab dem 11. Januar. Dies ging anfangs nochmal mit etwas Schneefall einher, der aber kaum ergiebig war und keine größeren Probleme gemacht haben sollte. Gravierender war dagegen der Temperaturanstieg auf knapp unter 0 Grad und einsetzender, gefrierender Sprühregen, teils auch Reif- und Eisansatz durch Nebel/aufliegenden Wolken in Verbindung mit leichtem, später stärkerem Wind. Diese Kombination gab den überlasteten Bäumen vielerorts den Rest und zahlreiche neue Brüche traten hier in kürzerer Zeit auf. Gerade auch der Wind kann hierbei als Bruch-begünstigender Faktor gesehen werden, da der Schnee durch Eisbildung stärker an den Bäumen festhing und daher nicht so leicht herabfallen konnte – gleichzeitig der Wind aber die Bäume in Schwingungen versetzte. Hier ist also eine Kombination der Schneemengen durch Tief Benjamin zusammen mit den Folgetiefs als Ursache für das Schneebruchausmaß zu nennen.


Allerdings entspannte die später damit einhergehende Milderung auch hier langsam den Schneebruch. Lediglich in den höchsten Lagen ab 900/1000 m gab es weiterhin durch Tief Florenz erhebliche Reifbildung und vorerst keine Entspannung der Situation. Im Gegenteil, der Reifansatz wuchs hier auf 10-20 cm Dicke an, weshalb hier der Schneebruch erhalten blieb und sogar noch verstärkt wurde. Die Schneebruchsituation hatte hier auch bis in den Februar hinein Bestand, da eisiger Hochdruckeinfluss vorerst kein Abtauen der Eis- und Schneemassen hier erlaubte und es hier auch danach immer noch winterlich blieb.


Insgesamt ist davon auszugehen, dass es der stärkste Schneebruch im Erzgebirge und Vorland seit dem 29./30.11.2012 ist. Damals fielen durch das Nassschnee-Ereignis in Folge von Vb-Tief Heike mehr als 250.000 Kubikmeter Bruchholz in den Wäldern an. Diesmal geht man von etwa 200.000 bis 250.000 Kubikmetern Schadholz in Folge des Schneebruchs aus (Stand März 2019). Im Forstbezirk Bärenfels (Osterzgebirge bis Tharandter Wald) werden allein schon 30.000-40.000 Festmeter Schadholz geschätzt (Stand Januar 2019). Damit gibt es nach den schweren Sturmschäden aus der letzten Wintersaison mit insgesamt >2,4 Millionen Festmetern in Sachsen (insbesondere durch Orkan Herwart und Friederike) und weiteren darauf basierenden Folgeschäden durch Borkenkäfer und neue Schäden durch Trockenheit und Hitze (500000 - >1 Million fm) sowie neue Sturmschäden durch die Tornados an der Kaltfront von Sturm Fabienne am 23 September 2018 (bis 100.000 fm) erneut viel aufzuräumen und die sächsischen Wälder kommen nicht zur Ruhe.

 

© Michel Oelschlägel

Datum: 24. November 2024

                  

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