LP-Superzellen und MCS in Sachsen am 01.08.2017
Am 01.08.2017 deutete sich eine Schwergewitterlage in Deutschland an. Insbesondere von Magdeburg über Berlin bis an die Ostsee sollten schwere Unwetter auftreten. Doch letztlich kam es ganz anders. Durch Gewitterreste aus der vorangegangenen Nacht war es in Teilen Mitteldeutschlands bereits früh bedeckt und der kältere Outflow aus den Zellen erschwerte das Erreichen der Auslösetemperatur im Laufe des Tages. Letztlich löste es erst gegen Abend in Sachsen und Bayern aus, während im Vorhersagebereich der heftigsten Unwetter gar nichts passierte. Daran erkennt man eben, dass Modelle doch nicht alles berücksichtigen können.
Doch Sachsen erlebte noch einen recht beeindruckenden Gewittertag, wenngleich auch hier die möglichen schweren Unwetter ausblieben. Gegen 19:30 Uhr löste es von Chemnitz ausgehend bis nach Döbeln aus, wobei aufgrund der hohen Scherung schnell rotierende Aufwinde - sogenannte Mesozyklonen - entstanden. In der Folge entwickelte sich eine Linie aus LP-Superzellen, wobei 4-5 dieser Zellen auf engstem Raum als sehr wahrscheinlich angesehen werden können. LP (= low precipitation) deutet bei diesen Superzellen auf wenig Niederschlag hin. Damit ist aber eher gemeint, dass man unter den Zellen recht gut hindurchschauen kann, ohne deutlich erkennbare Niederschlagsbereiche auszumachen. Kurzzeitiger, heftiger Starkregen ist dennoch möglich. Bekannt sind die Zellen aber vielmehr für großen Hagel, der teils bei Sonnenschein aus dem Aufwindbereich fällt. Und so war es auch diesmal. Die Zellen brachten Hagel von 2-4 cm Durchmesser mit sich, lokal gab es auch 4-5 cm großen Hagel (Wilsdruffer Ecke). Folglich gab es lokal auch Hagelschäden. Da die großen Körner aber nicht sehr dicht fielen und eher vereinzelt zu Boden gingen, hielten sich die Schäden dennoch in Grenzen. Die Gewitterzellen selbst waren sehr fotogen.
Ich konnte am Abend die Entwicklung mehrerer dieser Zellen bei Freiberg beobachten. Bei Siebenlehn hatte ich den Blick auf 2 benachbarte Aufwindbereiche, wobei der nördlichere (rechts im Bild) zu einer Superzelle wurde, welche später Richtung Meißen weiterzog und Hagel von 2-4 cm Durchmesser hervorbrachte. Der etwas südlichere Aufwind entwickelte sich nicht ganz so stark, für eine Superzelle müsste es bezüglich der Zeitregel aber noch gereicht haben. Südlich dieser Zelle entstand aber eine weitere Superzelle an der Linie, welche später über Nossen bis Wilsdruff zog. Diese Zelle produzierte bei Berbersdorf 2-3 cm, bei Siebenlehn 3-4 cm, bei Deutschenbora um 4 cm sowie in Nossen um 4 cm großen Hagel. Bei Wilsdruff trat sogar - wie oben angesprochen - 4-5 cm großer Hagel an dieser Zelle auf.
2 rotierende Aufwinde direkt nebeneinander bei Siebenlehn...
Die südliche Mesozyklone im Detail...
Die Sonne scheint unter der Zelle hindurch - ein typischer LP-(low-precipitation)-Charakter...
Weitere Superzelle südlich der oben gezeigten bei Großvoigtsberg - diese Zelle bringt später 3-5 cm großen Hagel von Berbersdorf bis Wilsdruff...
Auch hier kann man gut unter der Zelle hindurchschauen und sieht kaum Niederschlag - dennoch fallen teils große Hagelkörner zu Boden...
Ich verlegte nun nach Lichtenberg südöstlich von Freiberg, da auch 2 weitere LP-Superzellen im Erzgebirge entstanden waren und in diese Richtung zogen. Beide produzierten nennenswerten Hagel (Elterlein 2-3 cm, Neundorf 3-4 cm). Eine davon konnte ich bei Lichtenberg abfangen. Der Auzug war wieder beeindruckend, teils gab es kräftige Erdentladungen aus dem Aufwindbereich. Nachfolgend setzte kurzzeitig Starkregen und 1 bis um 2 cm großer Hagel ein. Der Hauptniederschlag ging nördlich an mit vorbei. So wurden aus Hilmersdorf bei Freiberg 2-3 cm große Hagelkörner gemeldet. Am Abend beruhigte sich dann das Wetter vorerst.
Weitere LP-Superzelle zieht über Lichtenberg südöstlich von Freiberg auf...
Kräftige Erdentladung aus der Aufwindbasis der Zelle...
Deutlich ist die Mesozyklone erkennbar...
Kurzzeitig setzt Starkregen und Hagel von 1-2 cm Durchmesser ein, der Hauptniederschlag mit 2-3 cm großen Körnern geht nördlicher durch...
Nach den Gewittern gibt es einen wunderschönen Sonnenuntergang...
Zu späterer Stunde zog dann nach 22 Uhr noch ein MCS (größeres Gewittersystem) aus Bayern heraus nach Sachsen rein. Die Gewitter gingen vielerorts mit heftigem Starkregen, lokal auch Sturmböen einher. Vereinzelt gab es wohl auch mal eine schwere Sturmböe (kleine Sturmschäden wurden vereinzelt gemeldet). Beeindruckender waren aber die vielen Blitze - die Blitzrate lag teilweise bei über 20 Blitzen pro Minute. Dabei gab es auch einige heftige Naheinschläge, wie man im Video unten gut erkennen kann. Ich war vor allem im Raum Oederan und Freiberg unterwegs.
Am späten Abend ziehen aus Südwesten erneut Gewitter auf...
Ein großes Gewittersystem überquert den Süden und Osten Sachsens - das Gewittersystem ist sehr blitzreich mit über 20 Entladungen pro Minute!
Abziehendes System Richtung Dresden...
Letzte Wolkenblitze entladen sich...
Mit diesem System wurde die energiereiche Luft aus Sachsen weitgehend verdrängt und ruhigeres Wetter hielt Einzug. Letztlich blieben die großen Unwetter in Sachsen zwar aus, aber für ansehnliche und lokal unwetterartige Gewitter reichte es dennoch. In Teilen Bayerns und Baden-Württembergs gab es lokal auch heftige Unwetter, die mit Orkanböen einhergingen und erhebliche Schäden anrichteten.
Hier das Video vom Gewittertag in Mittelsachsen:
(externer Link: https://www.youtube.com/watch?v=zkqn1usopPA) © Michel Oelschlägel
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