Sturmserie Ende März 2015 mit Sturm Mike und Orkan Niklas
Nach einem milden und ereignisarmen Winter 2014/2015 deutete sich Ende März eine sehr spannende und interessante Wetterlage an. Entlang eines ausgeprägten Jetstreams wurden Tiefs direkt nach Mitteleuropa geführt, was nasses und stürmisches Wetter zur Folge hatte.
Stürmisch ging es bereits am 29. und 30.3. in Sachsen zu. Sturmtief Mike zog über Deutschland hinweg, begleitet von viel Regen und Wind. Insbesondere in der Nacht zum 30.3. gegen Mitternacht überquerte die Kaltfront von Tief Mike Sachsen von NW nach SO. An ihr gab es in Sachsen vielerorts schwere Sturmböen zwischen 80-90 km/h, lokal auch bis 100 km/h. Ganz vereinzelt traten auch einzelne orkanartige Böen um 105 km/h auf, beispielsweise in Oederan im Kreis Mittelsachsen. Kaltfrontgebundene Gewitter gab es allerdings in Sachsen nur direkt am Erzgebirgskamm. In Norddeutschland, insbesondere in Niedersachsen, verursachte Sturmtief Mike auch abseits von Schauern schwere Sturmböen, teils auch einzelne orkanartige Böen bis 105 km/h im Trog. Im NW gab es zuvor an der Kaltfront auch einzelne Böen bis 110 km/h bis in tiefe Lagen.
Kaltfrontpassage von Sturmtief Mike in der Nacht zum 30.3. mit Starkregen und schweren Sturmböen
Wintergewitter mit schweren Sturmböen am 30.3.2015
Auch am Nachmittag hält das Schauerwetter an...
Nach kurzer Wetterberuhigung zog in der Nacht zum 31.3. von Westen her der neue Sturm Niklas heran, welcher sich zu einem Orkan entwickeln sollte. Ab 3 Uhr erreichte der Warmfrontniederschlag Sachsen. Anfangs gab es kräftigen Schneefall, wodurch sich selbst in tiefen Lagen eine Schneedecke von 2-5 cm ausbilden konnte. Nachfolgend ging der Schnee aber in Regen über und es gab bis gegen 9 Uhr Dauerregen, der vor allem gegen Ende hin konvektiv geprägt und damit kräftig war. Verbreitet fielen 10-20 mm Niederschlag, lokal auch >30 mm binnen 6 h. In den Hochlagen des Erzgebirges fielen dabei 10-15 cm Neuschnee, welche allerdings recht stark verweht wurden. Danach lockerte es rasch auf und die Temperatur stieg an, es herrschte vorerst sonniges und mildes Wetter im Warmsektor des Tiefs. Lokal entwickelten sich aber auch kurze, teils kräftige Schauer. Allerdings legte nun auch der Wind zu. Indessen formierte sich von NW her eine Kaltfront, welche später auch Sachsen behelligen sollte. An ihr traten verbreitet schwere Sturmböen, lokal auch orkanartige Böen auf.
Schneefall und später kräftiger Regen entlang der Warmfront von Tief Niklas...
Warmsektor mit einigen Schauern...
...bei milden Temperaturen
Der Wind frischt nun deutlich auf...
... und erreicht Windstärke 10 mit 90-100 km/h.
Aufziehende Kaltfront von NW her...
Niederschlagsbereich der Kaltfront, vereinzelt gibt es Blitzentladungen...
Kaltfrontpassage mit Starkregen und kleinkörnigem Hagel sowie Böen bis 100 km/h am Beobachtungsstandort
Die schweren Sturmböen und teils auftretenden orkanartigen Böen an der Kaltfront führen zu ersten Sturmschäden...
abgebrochene Kiefer in Freiberg - Wasserberg
Erste Trogschauer entwickeln sich am Nachmittag - zugleich legt auch der Wind im Trog wieder deutlich zu!
Immer wieder kommt es zu Sturmschäden...
Trogschauerpassage mit Starkregen und kleinem Hagel sowie heftigen Böen
Schauerrückseite
Hagelfallstreifen auf der Rückseite der Schauerzelle, welche kurze Zeit später gewittrig wird...
Troggewitter Richtung Erzgebirgskamm
Umgestürzter Baum zwischen Freiberg und Eppendorf
Umgestürzter Baum nahe Brand-Erbisdorf
Immer wieder gibt es Schauer und zugleich schwere Sturmböen, teils orkanartige Böen...
...aber auch schöne Schauerrückseiten.
Ab 16 Uhr werden in freien Lagen um Freiberg auch außerhalb von Schauern orkanartige Böen bis 110 km/h erreicht...
Immer wieder fallen Bäume um, wie hier in Kleinschirma bei Freiberg...
Der umfallende Baum reißt zugleich eine Stromleitung herunter, was zum Stromausfall führt...
Aufziehende gewittrige Schauerlinie aus der Leipziger Region, aufgenommen bei Seifersdorf nahe Freiberg...
heftiger Hagelschauer in Freiberg/Kleinwaltersdorf
Der Schauer ist verbunden mit Böen zwischen 100 und 120 km/h!
kräftiger Regen und heftiger Sturm
Die Rückseite des Gewitters...
Mammatus-Bewölkung und ein wunderschöner Kontrast
abziehendes Gewitter
Tausende Menschen waren an diesem Nachmittag/Abend in Sachsen ohne Strom, vor allem in Mittelsachsen, im Vogtland und in Leipzig. Zeitgleich waren bis zu 22000 Kunden betroffen. Auch am Abend blieb die Sturmsituation noch erhalten, bevor der Wind in der Nacht zum 01.04. langsam nachließ. Allerdings gab es gerade in der 1. Nachthälfte durch einige Schnee- und Graupelschauer (teils Gewitter) nochmals lokal Böen von 100-110 km/h, teils auch darüber. Orkan Niklas zog unterdessen weiter ins Baltikum.
In Sachsen erreichte der Sturm am Nachmittag vielerorts Spitzenböen von 90-110 km/h im Tiefland/Flachland. Vor allem in Regionen in Nord- und Ostsachsen, welche näher am heftigsten Bereich des Trogsturmfeldes lagen, traten auch Böen >110 km/h auf. Gerade in Schauern wurden hier Böen von 120-132 km/h erreicht (u.a. Zittau mit 132 km/h!). Es gab hunderte Feuerwehreinsätze, allein im Kreis Mittelsachsen ca. 200 Einsätze in 13 h, in Leipzig und Dresden jeweils >150. Die Rettungsleitstellen Zwickau und Chemnitz (decken Vogtland, Erzgebirgskreis, Zwickau und Chemnitz ab) registrierten 261 Einsätze. Noch schlimmer erwischte es Südbayern und das südliche Baden-Württemberg. Dort traten im Warmsektor des Orkans abseits von Schauern bereits vielfach orkanartige Böen um 105-115 km/h im Flachland auf, teils Orkanböen um 120 km/h. Gerade in den mittelhohen Lagen wurden Windgeschwindigkeiten von 120-140 km/h, in den Hochlagen 150-192 km/h erreicht! Mit Durchzug der Kaltfront und durch nachfolgende Schauer traten weiterhin Orkanböen bis in tiefe Lagen auf. Gerade auch die lange Dauer des Sturmes trug zu einem hohen Schadensausmaß bei. Ganze Schneisen wurden in Wälder geschlagen, Dächer abgedeckt. Ein weiterer Schwerpunkt des Sturmes war der Trogorkan, welcher insbesondere die Nordhälfte und Mitteldeutschland beschäftigte und maßgeblich auch für Sachsen schadensträchtig war. Verbreitet traten in Mitteldeutschland auch ohne Heruntermischung durch Schauer schwere Sturmböen auf, vielerorts auch orkanartige Böen bis in die tiefen Lagen. Gerade aber Schauer waren mit orkanartigen Böen und Orkanböen verbunden. Die Häufigkeit der signifikanten Böen war insbesondere im Bereich Niedersachsen - Sachsen-Anhalt - Thüringen - Sachsen - Brandenburg hoch, da dort der stärkste Bereich des Höhenwindfeldes im Trog durchzog. Über Brandenburg wies es am Abend laut Wettermodellen seine stärkste Ausprägung mit 75-80 kn Mittelwind in 1300 m auf! Am Boden kamen dabei vor allem um Berlin und Potsdam Böen bis ca. 120 km/h an, was Windstärke 12 (Orkan) entspricht - und das ohne Schauerunterstützung! Glücklicherweise lag dieser Bereich nicht in dem mit der größten Labilität, sodass die Schauerentwicklung eher südlicher über Südbrandenburg und Nord- bzw. Ostsachsen stattfand und damit noch wesentlich höhere Böen im Bereich um Berlin verhindert wurden. Gerade über Südbrandenburg und Nord- sowie Ostsachsen traten aber durch den immer noch heftigen Höhenwind um 70 kn Schauerböen bis 132 km/h auf (wie weiter oben bereits erwähnt) - neben flächigen, schauerunabhängigen Böen von 100 bis >110 km/h im Flachland und Tiefland. Neben Millionenschäden gab es in Deutschland leider auf 4 Todesopfer zu beklagen, europaweit kamen 11 Menschen ums Leben.
Schnee- und Graupelschauerwetter über Freiberg
Aufziehendes Gewitter bei Halsbrücke nahe Freiberg - rechts oben eine Blitzentladung, welche eine Windkraftanlage trifft...
Die Landschaft wird vom Graupelniederschlag verschluckt...
Schwere Sturmböen und einsetzender Graupel
Die Sicht geht deutlich zurück, es wird glatt...
Ein weiterer Sturmschaden vom Vortag in Freiberg...
...und noch einer...
Kurz danach zog gegen 15:40 Uhr noch ein 2. Gewitter auf, welches vor allem etwas nördlich von Freiberg Blitzentladungen brachte. Auch hier gab es kräftigen Graupel und starken Schneefall, wodurch sich teils eine Graupel- und Schneedecke von wenigen Zentimetern ausbilden konnte. Am Abend beruhigte sich zunehmend das Wetter und der Wind wurde immer schwächer. Einzelne Schauer und Gewitter zogen noch Richtung Osterzgebirge. Durch die Schauer konnte sich gerade im Erzgebirge eine Neuschneedecke von lokal bis zu 10 cm ausbilden.
abziehendes erstes Gewitter
Aufzug des 2. Gewitters...
...welcher mit beeindruckenden Strukturen einhergeht!
kräftiger Graupel- und Schneefall
heftiger, dickflockiger Schneefall am Morgen des 02.04.2015
Ein seltener Anblick in diesem milden Winter...
>15 cm nasser Neuschnee sind binnen 8 h in Freiberg gefallen...
tief winterliches Wetter in Freiberg
Insgesamt gehen sehr spannende Wettertage zu Ende. Neben Sturm, Orkan und Schnee gab es allein im Raum Freiberg insgesamt 8 Gewitter vom 30.3.-02.04.15, eine beeindruckende Statistik! Nachfolgend gibt es noch ein Video zu Orkan Niklas und zu den angesprochenen Schneefällen:
(externer Link: https://www.youtube.com/watch?v=otO9M4MX9bg)
© Michel Oelschlägel |
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