Schwere Gewitter am 16.7 und 17.7.10
Die erste Julihälfte 2010 dominierte mit heißem Wetter von > 30 °C. Gewitter gab es meist nur im Westen, der Osten wurde weitgehend von kräftigen Entwicklungen verschont. Lokale Gewitter gab es im Erzgebirge nur am 10., 12. und 15. Juli. Einen weiterer Höhepunkt der Hitzeentwicklung stellte der 16. Juli dar. Warme und energiereiche Luft wurde aus Süden advehiert, die Temperaturen überschritten rasch die 30 °C-Marke. Kurz nach 19 Uhr bildeten sich über Sachsen erste Gewitter, welche Richtung NO weiterzogen. Diese waren bereits recht blitzreich und örtlich auch unwetterartig, lokal gab es auch schwere Sturmböen und Hagel.
Gleichzeitig bildete sich ein Randtief über Süddeutschland, welches auch in Bayern erste Auslöse anregte und später für ein großes MCS sorgte. Die erste Zelle in Bayern entwickelte sich zu einer heftigen Superzelle, später zu einem "Splitting Storm". Eine Rightmover- und eine Leftmover-Superzelle gingen aus der Mutterzelle hervor und zogen rechts und links an München vorbei. Diese Gewitter brachten extremen Hagelschlag mit Korndurchmessern von 9 cm hervor! Allgemein waren viele der am Abend in Süddeutschland entstehenden Gewitterzellen, welche zum Teil auch den späteren MCS mit bildeten, hagelträchtig und produzierten nicht selten hühnereigroßen Hagel.
Gegen 22 Uhr löste es konvergenzbedingt über Ostthüringen bis Leipzig aus. Lokale Gewitter gab es weiterhin im Freiberger Umfeld. Vor allem eine Gewitterzelle gegen 22:45 Uhr in der Nähe von Gera war ausgesprochen blitzaktiv mit Blitzraten um 40 Blitzen pro Minute, zeitweise lag die Blitzrate sogar noch höher. Allerdings zogen die Gewitter alle NO-wärts am meinem Standort vorbei.
sehr blitzaktive Zelle Richtung Gera
Hoffnung machte ein Blick nach Süddeutschland. Über dem südlichen Baden-Württhemberg bildete sich ein Gewitterherd, welcher unter Verstärkung Richtung Nordbayern und Sachsen ziehen sollte. Auch die vorlaufenden Unwetterzellen über Bayern verclusterten mit dem System. Vor allem Neubildungen vor dem MCS brachten jedoch weiterhin markanten Hagelschlag, der Cluster selbst ging mit schwerem Sturm (lokal auch > Bft 10) und heftigem Starkregen einher. Kurz nach 3 Uhr erreichten frisch entstandene Zellen an der Nordseite des MCS Sachsen (Vogtland). Diese sich bildende Linie (Pseudowarmfront) am Cluster zog allerdings weiterhin über Zwickau NO-wärts und verfehlte meinen Standort im Westerzgebirge. Zeitweise blitzen die Zellen stark mit etwa 10 Blitzen pro Minute. Allerdings gab es auch blitzarme Phasen. Lokal gab es durch diese Gewitterzellen heftigen Starkregen und Hagel bis 2 cm.
Blitze der nördlichen Linie vom MCS Richtung Zwickau und Vogtland
Dämmerung, weitere Blitze Richtung Erzgebirgskamm
MCS überquert den Erzgebirgskamm
Blitzschlag, auf dem folgenden Bild ist ein...
... explodierender Transformator in Folge des Blitzes (heller Schein) erkennbar!
Das MCS reichte gegen 5 Uhr von Gera bis an den Alpenrand. Im Cluster gab es teils sehr blitzaktive Zentren mit Blitzraten > 40 Blitzen pro Minute. Vor allen in Tschechien blitze es sehr stark. Da der blitzaktivste Teil im Bereich des Fichtelberges im Westerzgebirge zu erwarten war, fuhr ich Richtung Crottendorf in die Nähe des Fichtelberges. Dort angekommen wurde ich Zeuge eines Blitzfeuerwerkes. Am grünlich-grauen Himmel blitzte es zeitweise im Sekundentakt, > 50 Blitze in der Minute zuckten am Himmel östlich bis südwestlich von mir, meist CCs. Einige kraftvolle Erdentladungen gab es auch, teils auch positive Erdblitze mit heftigem Donner.
bedrohliche Stimmung nahe des Fichtelberges
sekündlich erhellen Blitze die dunklen Wolken
heftiger Blitzschlag
Richtung Erzgebirgskamm ist es trotz Sonnenaufgang stockfinster
Blitzschlag in den Hausberg von Crottendorf
Naheinschläge überbelichten die Kamera
Gegen 6 Uhr überquerte mich das blitzreiche Gewitter mit Naheinschlägen und Starkregen, anfangs gab es auch stürmische Böen. Später nahm die Blitzrate immer weiter ab, bis es schließlich nur noch 3-4 sichtbare Entladungen waren. Dafür schüttete es jetzt sehr heftig. Nach 10-15 Minuten insgesamt war der stärkste Bereich vorrübergezogen, es regnete noch mäßig bis kräftig, einzelne Crawler und positive Blitzen zuckten noch am Himmel. Erst gegen 7:30 Uhr lies der Regen nach und es lockerte von Südwesten her auf. Der Cluster zog unterdessen Richtung Brandenburg weiter.
heftiger Starkregen
weitere kräftige Entladungen
Überschwemmungen/Ausspülungen nahe Scheibenberg
Auflockerung nach dem Gewitter
Insgesamt kam das Erzgebirge und weite Teile Sachsen mit einem blauen Auge davon. Viel heftiger traf es Tschechien (Bereich der Pseudokaltfront). Dort zog das MCS, geschmückt mit einer gewaltigen Shelf, von Südwesten her mit schweren Sturm- und örtlich auch orkanartigen Böen/Orkanböen durch. Vielerorts gab es Sturmschäden. Der Bereich mit den heftigsten Böen streifte auch noch die Gebiete südlich des Fichtelberges, wo es ebenfalls jede Menge Astbruch gab. Auf dem Fichtelberg selber aber gab es nur Sturmböen.
Der "stürmische" Bereich des MCS zog später über das Elbsandsteingebirge Richtung östliches Brandenburg weiter. Auch in diesen Gebieten gab es schwere Sturmböen, teils auch Böen > Bft 10! Gerade Cottbus wurde heftig getroffen, es gab einen Downburst mit einzelnen Orkanböen und vielen Sturmschäden. Im Brandenburg wurde ein Mann von einem umstürzenden Baum erschlagen. Ebenso gab es mehrere Hausbrände in Folge von Blitzschlägen im Durchzugsgebiet des MCS. Die größten Regenmengen durch das MCS wurden in NO-Bayern, am Ergebirgskamm und Richtung Ostbrandenburg mit 40-50 l/qm erreicht, lokal lagen dort die Spitzen sogar bei > 60 l/qm pro Quadratmeter.
Der Cluster zog noch bis zur Ostsee weiter, ehe er sich langsam abschwächte. Der restliche Tag verlief ohne nennenswerte Gewitterentwicklungen in Sachsen. Nur in Ostsachsen gab es am Abend noch einige Gewitter und größere Regenmengen.
© Michel Oelschlägel
Datum: 21. November 2024